Starke Familien – Interview

Wir geben alles dafür, dass unsere Tochter ein schönes Leben führen kann!“

In Deutschland wird jährlich eines von 5.000 Kindern mit einer Kloakenfehlbildung geboren. Bei der sogenannten „Analaltresie“ ist die Öffnung des Rektums, bzw. Anus nicht vorhanden oder nicht korrekt ausgebildet. Behoben werden kann diese Fehlbildung nur durch hoch komplexe Operationen. Eines dieser 5.000 Kinder ist Leni. Die heute Zweijährige klettert gerne auf Bäume, liebt den Kindergarten und tobt mit ihrer älteren Schwester durch den Garten. Für ihre Eltern ist das nach wie vor ein Wunder, an das sie aber immer ganz fest geglaubt haben.

Wann wurde Lenis Fehlbildung festgestellt?
Schon in der 12. Schwangerschaftswoche sah man während der Pränataldiagnostik, dass sich Lenis Harnblase nicht richtig entleert. Es folgten diverse Untersuchungen in unterschiedlichen Unikliniken. Schnell wurde klar: Leni braucht noch im Mutterleib einen Shunt. Die Operation erfolgte in der 14. Schwangerschaftswoche und die Gefahr war groß, sie während dieses komplizierten Eingriffs zu verlieren. Nach und nach kamen immer weitere Diagnosen hinzu – vor der Geburt war klar: Leni hat eine Doppelniere und einen Klumpfuß. Weitere Diagnosen folgten.

Was hat Ihnen in dieser Situation geholfen, die Zuversicht nicht zu verlieren?
Als ich die Untersuchungsergebnisse erfuhr, war ich sehr traurig und hatte in erster Linie Angst, dass mein Kind stirbt. Eine Abtreibung, die man uns auch des Öfteren nahelegte, wäre für uns nie in Frage gekommen. Mein Mann machte mir Mut und sagte: „Lass uns abwarten und von Termin zu Termin schauen, wie es weitergeht.“ Leni war und ist ein absolutes Wunschkind. Für uns war klar: Egal, welche Erkrankungen sie hat, wir geben alles dafür, dass unsere Tochter ein schönes Leben führen kann.

Wie ging es dann weiter?
Leni kam in der Uniklinik Köln auf die Welt. Schon am dritten Tag nach der Geburt wurde sie operiert und man stellte fest, dass sie neben der Kloakenfehlbildung, eine Rückenmarksfehlbildung, eine Hüftdysplasie und ein kleines Loch im Herzen hat. Sie wechselte die Krankenhäuser von Köln, nach Düsseldorf und Bonn. Immer dorthin, wo es die jeweils besten Expert*innen zu der jeweiligen Erkrankung gab. Leni war nach ihrer Geburt insgesamt vier Wochen im Krankenhaus, danach innerhalb von 2 Jahren, 11 Mal, wobei der längste Aufenthalt sechs Wochen betrug. Für uns als Familie war das sehr anstrengend, denn meine ältere Tochter hat mich sehr vermisst.

Wie war die Zeit zu Hause nach der Entlassung?
Als klar wurde, dass Leni dauerhaft einen Katheter braucht, war ich froh über das Angebot der Sozialmedizinischen Nachsorge. Hatte ich bis dahin alles allein geschafft, war ich damit anfangs überfordert. Es war einfach alles zu viel. Termine mit Ärzt*innen und Therapeut*innen vereinbaren, Anträge bei der Krankenkasse, die Suche nach einem geeigneten Kindergarten, mich um meine ältere Tochter kümmern und alle drei Stunden einen Katheter wechseln – ich brauchte Hilfe und habe sie durch meine Nachsorgeschwester vom Bunten Kreis Rheinland bekommen.

Wie geht es Leni heute?
Leni ist jetzt 2 Jahre alt. Sie muss aufgrund ihrer Hüftdysplasie eine Spreizschiene tragen, aber vor allem die Katheterisierung schränkt unser Leben stark ein. Leni hat keinen natürlichen Schließmechanismus der Harnblase, das bedeutet, sie braucht einen Katheter, der alle drei bis vier Stunden gewechselt werden muss. Für mich habe ich noch keine gute Lösung gefunden, wie ich das in der Öffentlichkeit mache, da ist es mir oft für Leni unangenehm ist. Leni selber benimmt sich, als hätte sie überhaupt keine Einschränkungen und tobt den ganzen Tag durchs Haus und den Garten.

Kann Leni in den Kindergarten gehen?
Leni hatte schon einen Platz in der KiTa, aber als dann klar wurde, dass sie katheterisiert werden muss, sah die Situation schnell wieder anders aus. Auch bei dem Vermittlungsgespräch stand mir die Nachsorgeschwester vom Bunten Kreis Rheinland zur Seite und hat es geschafft, dass die KiTa Leni auf Probe annimmt. Sie hat uns geholfen, eine Pflegekraft zu finden, die sich um den Wechsel von Lenis Katheter kümmert. Hätten wir niemanden gefunden, hätten wir einen integrativen Kindergarten für Leni suchen müssen. So ist Leni seit Mitte November in der Kita ihrer großen Schwester und es klappt alles wunderbar. Die KiTa hat sogar einen extra Raum für den Wechsel der Katheter für sie bereitgestellt.

Wie sehen Sie der Zukunft entgegen?
Ich bin zuversichtlich, dass Leni in der Regel-KiTa bleiben kann. Ende April wird ihre Hüfte operiert und noch im Vorschulalter erfolgt eine Operation für einen künstlichen Blasenausgang. Wir glauben fest an unser Wunder Leni. Jedes Lachen von ihr zeigt uns, wie richtig es war, für sie zu kämpfen.

25.03.2025