Kleine Kämpfer!
Mika ist erst ein halbes Jahr alt und hat trotzdem schon zwei schwere Operationen überstanden. Auf Wunsch seiner Eltern erzählen wir seine Geschichte mit geändertem Namen. Mikas Mutter hatte eine unkomplizierte Schwangerschaft. Sie entbindet ambulant und verlässt nach sechs Stunden die Klinik, mit einem, wie sie glaubt, kerngesunden Kind. Drei völlig entspannte Wochen vergehen. Mika schläft viel und trinkt wenig, aber das beunruhigt zunächst niemanden. Doch dann kommt die Schockdiagnose: Ein komplexer Herzfehler, bei dem beide Hauptschlagadern vertauscht angelegt sind. Mika muss sofort operiert werden.
Kam die Diagnose völlig überraschend für Sie?
Uns ist schon aufgefallen, dass Mika sehr viel geschlafen und nicht so gut getrunken hat. Wir dachten allerdings eher, wir hätten ein entspanntes Kind, das kaum schreit und sehr ruhig ist. Als er aber immer weniger trank und immer mehr abnahm, schickte uns die Hebamme zum Kinderarzt. Der überwies uns sofort ins Krankenhaus.
Was geschah dann?
Wir gingen bis zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass Mika einfach einen Magen-Darm-Infekt hat. Die erste Diagnose in der Klinik lautete: Lungenentzündung. Am nächsten Morgen kam eine Oberärztin zu uns, die den Herzfehler diagnostizierte. Danach ging alles sehr schnell und wir wurden sofort in die Bonner Uniklinik verlegt. Das war für uns alle ein riesiger Schock, weil wir damit überhaupt nicht gerechnet haben. Ich hatte mich am Nachmittag noch von meinem Mann und meinem älteren Sohn mit den Worten verabschiedet: ,Macht euch schon mal eine Kleinigkeit zu essen, bei uns dauert es vielleicht ein bisschen.‘ Bis zu unserem nächsten Wiedersehen sollten dann zwei Wochen vergehen.
Warum so lange?
Ich durfte die Klinik wegen Corona nicht verlassen und mein Mann durfte nicht hinein. Ich musste ihm am Telefon sagen, dass unser Sohn einen schweren Herzfehler hat. Das war furchtbar. Wir durften keine Zeit verlieren und mussten sehr schnell handeln. Leider hat es bei der 17 stündigen Operation Probleme gegeben und das hat seine Spuren hinterlassen. Es gab auch danach immer wieder neue Komplikationen. Insgesamt lag Mika fünf Wochen auf der Intensivstation und musste sogar noch ein zweites Mal operiert werden.
… und ihr Mann konnte die gesamte Zeit nicht zu Ihnen?
Nach Mikas Operation durften wir ihn beide besuchen. Später auf der Intensivstation nur zu bestimmten Besuchszeiten. Das war für uns immer sehr schlimm, ihn dort zurück zu lassen und wieder nach Hause fahren zu müssen.
Was hat Ihnen in der Situation am meisten geholfen?
Die Zeit vor der Operation war für mich die schlimmste. Jeder von uns musste das ja für sich ausmachen, weil wir uns ab dem Zeitpunkt in der Klinik einfach nicht mehr gesehen haben. In diese Situation hineinkatapultiert zu werden und alleine damit dazustehen, fand ich furchtbar. Was mir in dieser Situation am meisten geholfen hat, waren ganz viele andere nette Mütter. Aber auch das Team von Ärzten, Schwestern und Pflegern hat großartige Arbeit geleistet und uns in dieser schweren Zeit zur Seite gestanden. Dafür sind wir bis heute sehr dankbar.
Wie kam der Kontakt zum Bunten Kreis zustande?
Vorweg ein großes Kompliment an unsere Nachsorgeschwester. Als der Zeitpunkt unserer Entlassung feststand, kam der Bunte Kreis auf uns zu. Unsere Nachsorgeschwester führte bereits das Erstgespräch in der Klinik mit mir und besuchte uns danach regelmäßig. Sie hat uns über die gesamte Zeit hinweg sehr viel Mut gemacht und uns immer wieder bestärkt. Aber auch bei den formellen Dingen unterstützt: die Beantragung des Pflegegrades, die Schwerbehinderten-Antragstellung, all diese Dinge, für die man ja nicht auch noch einen Kopf hat, hat sie uns abgenommen. Sie war einfach eine riesige Hilfe für uns!
Wie unterscheidet sich Ihr Alltag von dem anderer Familien?
Mikas Gewichtsproblematik wird uns sicherlich noch eine Zeitlang begleiten, aber damit kommen wir mittlerweile ganz gut zurecht. Er lacht viel und wir hoffen, dass wir um eine weitere Operation herumkommen. Wir versuchen unseren Alltag so normal wie möglich zu gestalten, weil wir ja auch noch für unser größeres Kind da sein müssen. Mika muss viele Medikamente einnehmen und dafür müssen wir uns auch nachts den Wecker stellen. Wir fahren regelmäßig zur Physiotherapie und haben viele Arzttermine. Das sind Dinge, die einen großen Unterschied machen zu Kindern ohne Erkrankung. Aber davon abgesehen, macht er uns viel Freude. Ich denke, wir sind einfach noch dankbarer. Es sind die Kleinigkeiten, die uns sehr glücklich machen. Wenn Mika sich freut, wenn sein großer Bruder aus der Schule nach Hause kommt und ihn anstrahlt, bin ich glücklich.
Was können Sie anderen Müttern/Eltern mit auf den Weg geben?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass diese kleinen Mäuse einfach unglaublich stark sind. Man muss ganz fest an sie glauben und Vertrauen haben in diese Kinder. Sie sind viel stärker, als wir denken. Mir hat es sehr viel Kraft gegeben, dass Mika auch auf der Intensivstation mit uns gelacht hat. Das sind kleine Kämpfer!