Herzens-Geschichten

Anja Gerz / Nachsorgeschwester, Team Sankt Augustin

Im vergangenen Sommer bekam ich einen kleinen Jungen in die Nachsorge, bei dem im Alter von sechs Wochen ein schwerer Herzfehler diagnostiziert wurde. Die Eltern stellten ihn in der Klinik vor, da er insgesamt schwach und schnell erschöpft wirkte, schlecht trank und kaum an Gewicht zunahm. Es wurde eine inoperable Pulmonalatresie (ein Verschluss der Lungenschlagader) festgestellt. Bei diesem Herzfehler bilden sich häufig Kollateralgefäße, die von der Aorta zur Lunge ziehen. Somit findet eine Mischung von sauerstoffreichem und -armem Blut statt. Der Körper erhält kein vollständig gesättigtes Blut. Das Kind befindet sich seitdem in engmaschiger kardiologischer Kontrolle und momentan geht es ihm, den Umständen entsprechend, gut. Keiner kann sagen, wie die Entwicklung weitergeht. Mit dieser Ungewissheit lebt die Familie. Kürzlich habe ich noch einmal mit der Mutter telefoniert. Ich war beeindruckt von ihrer Aussage, dass sie jeden guten Tag genießen und als Geschenk ansehen.

 

Britta Neumann / Teamleitung Köln

Es fällt mir nicht leicht, nur eine Familie zu nennen, die mir besonders in Erinnerung geblieben ist. Da wir eng mit dem Herzzentrum der Uniklinik Köln zusammen arbeiten, haben wir recht häufig Familien mit herzkranken Kindern in der Nachsorge und jeder Fall ist so individuell wie die einzelnen Herzfehler auch. Ein Fall war im letzten Jahr jedoch besonders: Ein kleines Mädchen, bei dem durch Zufall im Alter von ca. 3 Monaten eine schwere Herzerkrankung festgestellt wurde. Nach Erhalt der Diagnose wurde das Mädchen medikamentös eingestellt und nach einem stationären Klinikaufenthalt von unserer Nachsorgeschwester betreut. Die Familie war in großer Sorge und musste die Diagnose erst einmal verarbeiten. Der Zustand des Mädchens verschlechterte sich allerdings so sehr, dass nur noch eine Transplantation helfen konnte. Kurz vor Weihnachten erhielt die Nachsorgeschwester die erlösende Nachricht, dass die Kleine tatsächlich ein Spenderherz bekommen hat und sich ihr Zustand daraufhin verbesserte. Für uns alle war es das „Weihnachtswunder 2019“.

 

Dagmar Van den Berg / Kinderkrankenschwester

Vor ein paar Jahren betreute ich als Nachsorgeschwester einen kleinen Jungen osteuropäischer Herkunft. Er war mein erster Säugling mit Herzfehler und ich erinnere mich noch sehr gut an ihn und seine wunderbare Familie. Die Familie lebte damals erst seit einem Jahr in Deutschland, die Mutter sprach noch kein Deutsch und der Vater des Kindes nur wenig. Kurz nach der Geburt wurde bei dem kleinen Jungen ein schwerer und komplexer Herzfehler diagnostiziert: Hypoplastisches linkes Herz. Bei diesen Patienten ist das linke Herz nicht richtig ausgebildet und kann seiner eigentlichen Funktion, den Körperkreislauf mit sauerstoffreichem Blut zu versorgen, nicht nachkommen. Die Familie war fassungslos und in großer Sorge. Im ersten Lebensjahr wurden zwei komplizierte Operationen durchgeführt. Die dritte und letzte Operation sollte im Alter von etwa zwei Jahren stattfinden. Ich habe die Familie insgesamt ein halbes Jahr lang begleitet und es ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Herzensgeschichte geworden. Da Deutsch als Verständigung nicht in Frage kam, haben die Mutter und ich die Nachsorge in Englisch durchgeführt. Oft und gerne denke ich noch heute an diese intensiven gemeinsamen Monate zurück. Ich war und bin tief beeindruckt, mit welcher Kraft und Zuversicht die Familie diese belastende Zeit durchgestanden hat. Der kleine Junge hat die ersten beiden Operationen hervorragend gemeistert und hat sich trotz seiner schweren Herzerkrankung gut entwickelt. Ein fröhlicher Junge mit einem bezaubernden Lächeln – ein kleiner Kämpfer.