Covid-19

Hochbelastete Familien brauchen jetzt besonders viel Hilfe

Der Bunte Kreis Rheinland betreut Familien mit chronisch, schwer kranken oder zu früh geborenen Kindern jetzt besonders intensiv und engmaschig überwiegend per Telefon
Bonn: Ina Hofenbitzer, Leiterin des Bonner sozialmedizinischen Nachsorgeteams des Bunten Kreis Rheinland kann noch von ihrem Büro in der Uniklinik Bonn arbeiten. Aber auch nur, weil die Räumlichkeiten nicht unmittelbar an den Stationen gelegen sind. Ganz anders, so die gelernte Kinderkrankenschwester, sieht es am Bonner Marienhospital aus. „Hier dürfen wir das Krankenhaus nicht mehr betreten und können so natürlich auch nicht direkt mit den Eltern in Kontakt kommen.“ Ina Hofenbitzer ist Ansprechpartnerin für all die Eltern, deren zu früh geborene oder schwer, bzw. chronisch krankes Kind zum Beispiel in der Uni Kinderklinik Bonn oder dem Marienhospital medizinisch versorgt werden muss. Die Eltern brauchen Beratung, Unterstützung und Hilfe, vor allem, wenn es für sie aus dem geschützten Klinikaufenthalt endlich nach Hause geht. Die Kleinen, zu früh geborenen Babys brauchen oft noch Monate lang, bzw. bei Beeinträchtigungen auch Jahre lang intensive Pflege und Betreuung. Eltern stehen dabei meistens vor einem schier unlösbaren Problem. Bei diesem hoch belastenden und für die Eltern oft auch beängstigendem Übergang kann Ina Hofenbitzer, gemeinsam mit einem Team aus 7 Nachsorgeschwestern, in Bonn helfen. Aber seit den Corona-Einschränkungen darf das sozialmedizinische Nachsorgeteam die Familien nur noch in Notfällen zu Hause besuchen. „Dabei stellen sich für die Familien gerade jetzt noch mehr Fragen und Probleme. Wir nehmen uns jetzt sehr viel Zeit, die Familien telefonisch zu beraten. Manchmal per Videoanruf, um unsere kleinen Patienten auch sehen zu können. Wobei es für uns extrem schwierig ist, telefonisch Entscheidungen zu treffen.“ Zum Beispiel, ob ein Kind unbedingt einem Arzt vorgestellt werden muss, oder ob es mit der Gewichtszunahme klappt. In dringenden Fällen fahren die Krankenschwestern aber trotzdem zu den Familien. Zum Beispiel, wenn sich ein Kind eine Magensonde gezogen hat und diese schnell wieder gelegt werden muss. „Die Kinderärzte sind derzeit zum einen total überlaufen, zum anderen machen sie solche Dinge gar nicht und in den Notaufnahmen würden unsere Familien drei Stunden und mehr mit ihren meist ja schwächeren Kindern, zwischen womöglich anderen ansteckenden Menschen sitzen. Dann fahren wir raus und legen diese Magensonde.“

Dass der Bedarf an Rat und Hilfe enorm groß ist, gerade in dieser Pandemiezeit, merkt das ganze Team. Die Fahrtzeiten zu den Familien fallen zwar überwiegend weg, doch die Zeit am Telefon füllt das wieder auf. Es sind aber nicht nur medizinische Fragen, sondern auch ganz praktische: wo bekomme ich noch Windeln her, wie sichere ich die besondere Ernährung meines beeinträchtigten Kindes, wie hoch ist die Ansteckungsgefahr für mein Kind. „Wir werden die Betreuung und Versorgung all unserer fast 300 Familien auch weiterhin sicherstellen. Unsere Sozialpädagogen, Nachsorgeschwestern und Psychologen sind per Telefon noch länger erreichbar.“, sagt Inka Orth, Vorsitzende des Bunten Kreis Rheinland. „Jetzt ist unser Angebot wichtiger denn je, um den Familien die Angst zu nehmen. Und wir arbeiten derzeit an Konzepten, noch näher an unsere Betroffenen heran zu kommen.“ So ist auch die Beratungsstelle BOOFE des Bunten Kreis Rheinland gerade besonders gefordert, jetzt wo Ämter zum Teil geschlossen oder auf ein Minimum an Personal heruntergefahren wurden. Die Familien des Bunten Kreis Rheinland müssen aber trotzdem Anträge auf Pflegestufen, finanzielle Hilfeleistungen oder zum Beispiel Behindertenausweise für Ihre Kinder stellen. „Wir lassen unsere Familien damit natürlich nicht im Regen stehen. Auch wenn wir derzeit nur per Telefon oder online helfen können, bemühen wir uns, trotzdem komplette Beratungen sicher zu stellen.“ Dafür füllt Corinna Bell, Leiterin der Beratungsstelle BOOFE, zum Beispiel gemeinsam mit den Familien am PC die erforderlichen Unterlagen aus. „Das funktioniert natürlich nur, wenn die Familien einen Computer haben und es keine Sprachprobleme gibt. Ich schicke die Anträge vorher per Mail zu und dann füllen wir sie, über Telefon verbunden, gemeinsam aus.“ Corina Bell sieht aber eine viel tiefgreifendere Belastung bei den Eltern, als sich nur durch die Antragsflut zu kämpfen. Die Betreuung für die beeinträchtigten Kinder mit oft hohem Unruhepotential, sind weggefallen. „Nun sitzen die Familien mit den Kindern allein zu Hause, manche haben noch nie eine Nacht ruhig durchgeschlafen und müssen diese Zeit auch noch ohne Entlastung am Tag stemmen. Sie sind oftmals derartig ausgepowert, dass es für sie nur noch heißt, irgendwie diese Zeit überstehen. Und das Schlimmste ist, wir werden aus der Corona-Krise rauskommen und direkt in die Sommerferien reinrutschen. Das heißt nochmal 6 Wochen alleinige Betreuung für die Eltern.“ Das die Betroffenen Familien drohen unter dieser hohen Belastung zusammen zu brechen, ist so gut wie sicher, so Corinna Bell. Zum Teil arbeiten BOOFE und Jugendhilfe hier jetzt eng zusammen, um den Eltern Unterstützung zu geben. Corinna Bell möchte nun an die Stadt herantreten, um eine Vollzeitbetreuung in den Sommerferien anzustoßen und den hochbelasteten Familien wenigstens ein wenig Entlastung zu ermöglichen.

Auch das Team der Geschwisterkinder- und Tatendrang Projekte arbeitet derzeit auf Hochtouren. Eigentlich sollten die Osterferien-Freizeiten in wenigen Tagen starten. Reitcamps, Ferien auf dem Bauernhof und eine Woche in der Vulkaneifel standen auf dem Programm. Aber wegen des Virus müssen nun alle zu Hause bleiben. Bernadette Speicher schnürt stattdessen für die Kinder, die eigentlich in ein paar Tagen in die Busse steigen sollten, ein Indoor-Ferienprogramm zusammen. „Wir arbeiten gerade an einem Spiel-Back-und Bastelpacket, was wir unseren Kids online zuschicken möchten, damit keine Langeweile aufkommt. Wir sehen uns durchaus in der Verantwortung, unser Ziel, Betreuung durch unsere Freizeiten, jetzt anders anbieten zu können“.

Derweil ist Ina Hofenbitzer bereits wieder im Gespräch. Dieses Mal beim wöchentlichen Teammeeting mit den 7 Bonner Nachsorgeschwestern. Per Telefonkonferenz – alles anders, in Zeiten von Corona.

Für die sozialmedizinische Nachsorge im Bereich Bonn /Rhein-Sieg ist ab jetzt eine Hotline eingerichtet.
Die Kinderkrankenschwestern sind von Montag bis Donnerstag, immer von 10 – 12 Uhr unter der Nummer: 02641-809 7777 zu erreichen
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