Buchtipp für Frühchen-Eltern

Interview mit Buch-Autorin Ariane Thiel

„Glaubt an Eure Kinder und nehmt sie so wie sie sind!“
Ariane Thiel ist 39 Jahre alt und wohnt mit ihrer Familie in Rheinbach. Beide Kinder, mittlerweile 8 und 5 Jahre alt, kommen als Frühchen auf die Welt. Als ihr Sohn älter wird und Fragen rund um seine Geburt stellt, macht sie sich auf die Suche nach Büchern, die das Thema „Frühchen“ kindgerecht aufarbeiten. Weil sie kein passendes findet, schreibt sie kurzerhand selbst eins. Das Buch: „Gekämpft! Geschafft! Niklas erklärt die Frühchen-Welt“ ist im Manuela Kinzel Verlag erschienen.

 

Frau Thiel – worum geht es in dem Buch?
Es geht um zwei Frühchen, Niklas und Emilia. Niklas ist ein frühes Frühchen, seine Schwester Emilia ein Spätes. Das Buch erzählt die Geschichte der Beiden von der Schwangerschaft über die Geburt, die ersten Wochen im Krankenhaus mit allen Besonderheiten, bis hin zur Entlassung. Ein ganz besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Gefühlswelt der Kinder und Eltern. Das Buch enthält beispielsweise „Mitmach-Aktionen“, die dazu anregen sollen, die eigene, ganz individuelle Geschichte, gemeinsam mit den Eltern aufzuarbeiten. Meine Intension war es, das Thema aufzulockern, weil es sonst oft sehr steril und emotionslos dargestellt wird.

Welche Erfahrungen haben Sie bei Ihren eigenen Kindern gemacht?
Wir sind von Anfang an sehr offen mit dem Thema umgegangen. Wir haben das Fotoalbum der Kinder so gestaltet, dass auch die Bilder aus der Anfangszeit zu sehen sind. Mitunter kann das, mit all den Schläuchen und Kabeln, schon sehr erschreckend wirken. Unser Sohn schaute sein Fotoalbum, bis er fünf Jahre alt war, immer gerne an. Von einem Tag auf den anderen hat er plötzlich anders reagiert und gesagt: „Das bin ich nicht, so sehen Babies nicht aus!“ Sein Freund hatte zu dem Zeitpunkt gerade eine kleine Schwester bekommen und er registrierte vielleicht zum ersten Mal, wie Babies „eigentlich“ aussehen. Ich kam einfach nicht mehr an ihn heran und habe mich nach einem Frühchen-Buch umgeschaut, aber nichts passendes gefunden. Da kam mir die Idee, es selbst zu schreiben. So ist aus unserer Not heraus etwas tolles entstanden, das vielleicht auch anderen Frühchen-Familien helfen kann.

Wie haben ihre Kinder das Buch angenommen?
In Alltags-Situationen kommt das Thema „Frühchen“ immer wieder hoch. Ich habe den Eindruck, dass sie durch das Buch nun damit besser umgehen können. Mein Sohn ist zum Beispiel kleiner als andere Kinder in seinem Alter und kann bestimmte Dinge nicht so gut. Früher hätte ihn das wirklich sehr getroffen. Heute kann er damit recht gut umgehen und sagt: „Ich kann zwar nicht so schnell rennen wie Du, aber dafür kann ich viel besser klettern.“

Für wen ist das Buch geeignet?
In erster Linie möchte ich Kindern, die schon beim Start ins Leben so kämpfen mussten, ein wenig bei der Aufarbeitung helfen. Das Buch ist für Kinder ab fünf Jahren geeignet, aber ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass meine Tochter erst vier Jahre alt war, als sie sich das Buch zum ersten Mal angeschaut hat. Es ist natürlich auch für Eltern oder alle anderen Menschen geeignet, die in ihrem Umfeld mit Frühchen zu tun haben, weil es die grundsätzliche Angst vor dem Thema nimmt. Ich finde es auch für werdende Frühchen-Eltern zur Vorbereitung und als Mutmacher wichtig. Ich hätte mich damals über so ein Buch gefreut, weil es mir Hoffnung gegeben hätte.

Was hat Ihnen in Ihrer damaligen Situation geholfen?
Unter anderem der Bunte Kreis Rheinland. Bei unserem Sohn habe ich leider noch nicht so viel von dem Verein mitbekommen, bei unserer Tochter hingegen haben wir die Angebote genutzt und das war für uns eine super Unterstützung. Frühchen-Eltern nehmen ihre Ängste bei der Entlassung oft mit nach Hause, denn gerade der Übergang vom Krankenhaus ins Kinderzimmer ist eine besondere Herausforderung für die Eltern. Es ist so schwierig, auf seinen Mutter-Instinkt zu vertrauen oder ihn überhaupt wiederzufinden. Da fand ich den Bunten Kreis Rheinland einfach genial, weil ich die Nachsorgeschwestern immer anrufen konnte und nie das Gefühl hatte, lästig zu sein.

Wo wünschen Sie sich auch heute noch mehr Akzeptanz?
Wir haben oft den Satz gehört: „Was habt ihr denn, es ist doch alles gut gegangen.“ Ja, ist es. Aber das Erlebte war prägend und traumatisierend und hat Spuren hinterlassen. Man kann nicht einfach von heute auf morgen den Schalter umlegen, das braucht seine Zeit und da wünsche ich mir ein klein wenig mehr Verständnis von der Gesellschaft.

Gibt es etwas, das sie anderen Frühchen-Eltern mit auf den Weg geben möchten?
„Glaubt an Eure Kinder und nehmt sie so wie sie sind.“ Als die Kinder noch kleiner waren, habe ich mich oft von den Kommentaren anderer Leute verrückt machen lassen. Ich habe meine Kinder mit anderen verglichen, war besorgt, wenn sie Dinge nicht so schnell konnten, wie andere Kinder in ihrem Alter. Mittlerweile habe ich gelernt, dass jedes Kinder sein eigenes Tempo hat. Und das ist gut so.