„Es war wie ein Sechser im Lotto, obwohl wir gar nicht gespielt hatten.“
Der 25. September 2015 wird für immer einer der wichtigsten Tage im Leben der Familie von Jakob bleiben. Morgens um halb sechs klingelte das Telefon. Ein Arzt teilte der Familie mit, dass es ein Spenderorgan für ihren sechsjährigen Sohn gibt. Bis heute kann sich Jakob daran erinnern, wie ihn sein Vater mit der Nachricht „überrumpelte“. Sein Leben änderte sich schlagartig.
Drei Wochen nach der Geburt hatten die Ärzte festgestellt, dass Jakobs Nieren nicht richtig arbeiten. Bis er sechs Jahre alt wurde, halfen Medikamente und eine strenge Diät noch – dann wird klar: Eine Transplantation ist unumgänglich. Jakobs Vater kommt als Lebend-Spender in Frage, zusätzlich steht Jakob auf der Warteliste von Eurotransplant. „Eigentlich war schon alles für meine eigene Operation vorbereitet“, erinnert sich Jakobs Vater. „Alle Unterlagen waren fertig, wir hatte alles mit Jakob besprochen und dann kam dieser Anruf aus der Klinik und hat uns alle überrascht. Es war wie ein Sechser im Lotto, obwohl wir gar nicht bewusst gespielt hatten.“
Obwohl es Jakob wichtig war, ein Spender-Organ aus der Familie zu bekommen, entschied sich der Familienrat für die zweite Möglichkeit. „Für mich war die Entscheidung schnell klar“, so Jakobs Mutter. „Ich wollte ungern zwei Familienmitglieder im OP-Saal haben.“ So hatte sie ihren Mann an ihrer Seite und die beiden konnten die Zeit nach Jakobs Operation zusammen durchstehen. „Und auch wenn ich mir das nicht vorstellen möchte, kommt mein Mann in Zukunft immer noch als Lebendspender in Frage.“
Was es bedeutet, auf ein fremdes Organ angewiesen zu sein, wissen alle, die auf eine Spenderniere warten – in Deutschland durchschnittlich sechs bis acht, manchmal sogar bis zu zehn Jahre. Nur etwa 2000 Nieren werden hierzulande jährlich transplantiert – dabei benötigen 7.500 Patienten dringend eine neue Niere. Funktionieren sie nicht richtig, hat das schwerwiegende Auswirkungen auf den gesamten Körper. In Jakobs Fall vor allem auf seine Ernährung und sein Wachstum, aber auch die Bildung roter Blutkörperchen. Jahrelang mussten seine Kalium-, Phosphat- und Eiweißwerte strengstens überwacht werden. Hinzu kam, dass sein Körper keine Wachstumshormone bilden konnte und diese ihm täglich gespritzt werden mussten. „Die höhere Lebensqualität war für uns direkt einen Tag nach der Transplantation spürbar“, sagt Jakobs Vater. „Er konnte endlich essen, was er wollte. Die Ärzte erlaubten ihm sogar Fast-Food auf der Intensivstation. Fast-Food war bis zu diesem Tag undenkbar.“
Heute merkt niemand mehr, wie schwerkrank Jakob als Kleinkind war. Er macht gern Sport, spielt am liebsten Badminton. Der inzwischen Zehnjährige übernachtet bei Freunden und wenn er mit seinen Playmobil-Welten spielen kann, ist er glücklich. Er darf endlich wieder essen, was er mag – am liebsten die selbstgemachte Bratwurst von seinem Onkel zusammen mit Kartoffelpüree und Brokkoli. „Wenn ich groß bin, will ich Maskenbildner werden“, sagt Jakob und das einzige, was ihn momentan nervt ist, dass er sich während der Corona-Pandemie als Risikopatient nicht mit Freunden treffen darf. Vom Präsenzunterricht in der Schule ist er freigestellt. Die vermisst er aber nicht so sehr. Denn er mag es lieber im Homeschooling. So sehr, dass er sich nach dem Interview direkt wieder an die Schularbeiten macht – und das an einem Brückentag.
Der Bunte Kreis Rheinland bietet nach Transplantationen bei Kindern neben der rein sozialmedizinischen Nachsorge auch Hilfestellungen bei der Beantragung von Pflegegraden oder sozialrechtlichen Fragen. Viele Jahre unterhielt der Verein in der Kinderklinik auf der Adenauer-Allee in Bonn ein Eltern-Kind-Café, welches durch Sponsoren finanziert wurde und für viele Eltern bei den meist langen Krankenhausaufenthalten ihrer Kinder eine wichtige Anlaufstelle war.
„Mit unserer Zukunfts-Vision des „Bunten Hauses“ wollen wir Familien einen Ort der Begegnung bieten, wo sie Gleichgesinnte für ihre besondere Situation finden können. Wir freuen uns über jeden Unterstützer, der uns hilft, dieser Vision ein Stück näher zu kommen.“ (Inka Orth / Vorsitzende Bunter Kreis Rheinland)