In unserer Rubrik „Starke Familien“ möchten wir regelmäßig erzählen, wie wir Familien mit kranken und beeinträchtigten Kindern und Jugendlichen begleiten und welche Hilfen der Bunte Kreis Rheinland für die Familien anbietet.
Den Anfang macht der kleine Amir.
Amir wurde mit dem Walker-Warburg-Syndrom geboren. Das ist eine schwere Muskelerkrankung, die eine stark verkürzte Lebenserwartung zur Folge hat. Schon in der Schwangerschaft gibt es Auffälligkeiten und die Eltern erhalten die Prognose, dass Amir „nicht lebensfähig“ sei. Ein Schock für die ganze Familie, die sich schon sehnlichst auf das Geschwisterchen gefreut hatte. Angst vor dem Ungewissen, Sorge der Situation nicht gewachsen zu sein oder auch dass ihr Kind leiden könnte überschatten plötzlich alles. Amirs Eltern entscheiden sich gegen einen Schwangerschaftsabbruch und für das Weitertragen ihres Kindes. Im Einklang mit den eigenen Hoffnungen und Wertvorstellungen möchten sie ihren kranken Jungen bekommen und auf seinem, vermutlich sehr kurzen, Lebensweg sowie beim Sterben würdevoll begleiten.
Nach der Geburt machten die Ärzte den Eltern keine Hoffnung ihren Sohn lebend mit nach Hause nehmen zu können und so wurde Amir zunächst palliativmedizinisch in der Klinik versorgt und die Familie stellte sich darauf ein, sich schon bald von ihrem neugeborenen Sohn verabschieden zu müssen.
Doch entgegen aller Prognosen lebt Amir. Gemeinsam mit der Unterstützung aus unserem Nachsorge-Team wurde die Entlassung aus der Kinderklinik vorbereitet damit Amir zu Hause bei seinen Eltern und Geschwistern sein kann. Unser Ziel war es, eine möglichst hohe Lebensqualität für Amir zu erreichen, eine gute palliativmedizinische und pflegerische Versorgung zu sichern und der Familie Unterstützung im Alltag anzubieten.
Unser Nachsorgeteam half der Familie ein professionelles Netzwerk aufzubauen, so wurde beispielsweise Kontakt mit einem ambulanten Kinderhospizdienst aufgenommen und ein gutes Team an Ärzten und Therapeuten gesucht. Die Eltern wurden in der anspruchsvollen Pflege angeleitet und bekamen Hilfestellung bei sämtlichen Fragen, die sich im Alltag ergaben.
Immer wieder stehen die Eltern vor schweren Entscheidungen und müssen abwägen welche Therapien und Behandlungen sinnvoll sind um Amir einerseits eine bestmögliche Lebensqualität zu ermöglichen, andererseits keine womöglich leidvolle Lebenszeitverlängerung um jeden Preis zu erzwingen. Unsere Nachsorgeschwester hatte immer ein offenes Ohr für die Ängste und Sorgen von Amirs Eltern und konnte Ihnen so auch eine emotionale Stütze sein. So mussten die Eltern überlegen, welche Operationen sie Amir zumuten können. Der zarte Junge hatte eine ausgeprägte Trinkschwäche. Durch die Muskelerkrankung war er zu schwach um ausreichend Milch zu trinken und nahm kaum an Gewicht zu. Amir wurde später in einem kleinen operativen Eingriff eine PEG-Magensonde gelegt. Die Sonde stellt eine direkte Verbindung vom Magen zur Bauchdecke her. Hierüber kann er Nahrung und Medikamente bekommen. Seither hat er besser zugenommen und ist zufriedener.
Amirs Eltern sind nicht nur mit der anspruchsvollen Pflege ihres Kindes konfrontiert, sondern auch mit bürokratischen Hürden. Der Umgang mit Behörden und Ämtern ist ein komplizierter Prozess, der für die Familie mit zusätzlichem Stress und Frustration verbunden war. Hier können unsere Kolleginnen aus der BOOFE helfen. Unsere Beratungsstelle hat einen guten Überblick zu sozialrechtlichen Leistungen und Unterstützungsangeboten. Gemeinsam wurden die passenden Leistungen beantragt und eine Vielzahl von Formularen ausgefüllt. Unsere Kolleginnen sind auch weiterhin beratend für Amirs Eltern da, um die Hilfen immer wieder auf die aktuellen Bedürfnisse auszurichten.
Wenn ein Kind so schwer krank ist wie Amir, ist das eine herausfordernde Zeit für die gesamte Familie. Auch Amirs Geschwister machen sich Sorgen um ihren Bruder. Die Ungewissheit darüber, was in der Zukunft passieren wird, kann zu großen emotionalen Belastungen führen. Bei unseren Freizeitangeboten treffen sie sich mit anderen Geschwisterkindern, können sich austauschen und genießen eine wertvolle Auszeit vom Alltag.
Insgesamt ist die Betreuung eines palliativen Kindes eine sehr anspruchsvolle und belastende Aufgabe, die viel Unterstützung und Hilfe erfordert. Es ist wichtig, dass die Familien spüren, dass sie in dieser schweren Zeit nicht alleine sind und dass sie auf ihrem Weg begleitet werden. Wir sind sehr stolz, dass die Familie einen guten Weg gefunden hat, gemeinsam mit der Situation umzugehen und sich an den kleinen Erfolgen und Freuden mit Amir zu erfreuen.
© Frau Lindlar Photography
Bonn, 06.04.2023