Interview mit Inka Orth

„Es ist schön zu sehen, dass die Menschen da draußen uns nicht vergessen haben“

Seit 17 Jahren unterstützt der Bunte Kreis Rheinland Familien mit zu früh geborenen, chronisch/ schwerkranken oder beeinträchtigten Kindern in der Region. Inka Orth ist von Anfang an dabei. 2020 war das außergewöhnlichste Jahr seit Gründung des Vereins. Benefizveranstaltungen sind ausgefallen, wichtige Sponsorengelder fehlten und lange Zeit war nicht klar, welche Projekte in welchem Umfang stattfinden können. In unserem Interview erzählt die Vereinsvorsitzende von den schwierigen und von den schönen Momenten des Corona-Jahrs.

Frau Orth - was würden Sie ohne Corona um diese Zeit tun?
Wie immer zum Ende des Jahres würden wir ziemlich auf Hochtouren laufen, denn es ist meist die Zeit, in der die Menschen spenden möchten und noch viele Ideen entwickeln, wie sie uns unterstützen können. Da heißt es dann spontan Kooperationspartner aufzusuchen und Aktionen zu betreuen. Unter anderem würden wir auch unsere große Weihnachtsfeier planen. Für uns immer eine wunderbare Gelegenheit, unsere Familien wiederzusehen. Unsere Nachsorgeschwestern können dann erleben, wie toll sich die Kinder entwickelt haben, die sie oft über einen langen Zeitraum intensiv betreut haben. Zum anderen ist es für die Sponsoren unserer Weihnachtsgeschenke eine tolle Gelegenheit, in viele glückliche Kinderaugen zu sehen. Ich erinnere mich an ein Jahr, wo sich ein Mädchen rosa Ballerinas gewünscht hat und damit den ganzen Abend durch den Raum getanzt ist. Diese unbezahlbaren Momente wird es leider in diesem Jahr nicht geben.

Was war der schlimmste Corona-Moment?
Als wir feststellen mussten, dass unsere Nachsorgeschwestern nicht mehr zu unseren Familien nach Hause fahren können. Wir mussten erst einmal ein spezielles Konzept entwickeln, das unseren Nachsorgeschwestern ermöglicht hat, sich über Videotelefonate mit den Eltern auszutauschen. Darüber hinaus mussten unsere Schwestern in Zeiten, in denen Desinfektionsmittel und Masken größtenteils vergriffen waren, zusätzlich mit Hygiene-Mitteln ausgerüstet werden. Es war definitiv keine leichte Zeit für uns, weil es uns so wichtig ist, einen engen Kontakt zu den Familien zu pflegen. Vieles haben wir nur Dank der großartigen Unterstützung unserer Sponsoren geschafft.

Welche Veranstaltung vermissen Sie besonders dieses Jahr?
Da muss ich nicht lange überlegen. Unsere Taschenlampenkonzerte! Die haben uns wirklich gefehlt. Es war ein ganz merkwürdiges Gefühl, die beiden Wochenenden, an denen die Konzerte normalerweise stattfinden, zu Hause zu sein. Als ich mir dann auch noch die wunderbaren Bilder aus dem letzten Jahr angeschaut habe, bin ich sehr emotional geworden. Die Absage ist uns nicht leichtgefallen, wir haben lange mit der Band Rumpelstil überlegt, ob und wie wir die Konzerte doch noch stattfinden lassen können, aber es gab einfach kein Konzept, das uns allen genug Sicherheit gegeben hätte. Die Gesundheit unserer Familien geht nun einmal vor.

Welche Alternativen gab es zu den herkömmlichen Benefizveranstaltungen?
Wir haben vermehrt über Social Media kommuniziert und auch unser Fundraising in diesem Bereich ausgebaut. Wichtig war, dass wir weiterhin einen sehr engen Kontakt zu unseren Sponsoren und Spendern gehalten haben und kontinuierlich über unsere Arbeit berichtet haben. Wir haben uns immer wieder neue Möglichkeiten überlegt, wie wir die Menschen am besten erreichen können. Unser virtueller Spendenlauf beispielsweise ist gut angekommen und wir werden ihn im nächsten Jahr wiederholen.

Welches war Ihr bewegendster Spenden-Moment?
Es gab viele bewegende Momente. Egal ob große oder kleine Summen – es hat uns sehr berührt zu sehen, was sich die Menschen einfallen lassen, um unsere Arbeit zu unterstützen. Ob Charity-Yoga, eine gemeinsame Apfelernte oder wandern für den guten Zweck – jede Aktion für sich war sehr bewegend. Es ist wirklich schön zu sehen, dass die Menschen da draußen uns nicht vergessen haben.

Was macht Ihnen Mut?
Die wunderbaren Rückmeldungen aus unseren Geschwister- und Tatendrang-Projekten lassen uns alle optimistisch in die Zukunft schauen. Im Frühjahr war noch nicht klar, ob diese wie gewohnt stattfinden können. Zum einen wegen der hohen Corona-Auflagen, zum anderen wegen des speziellen Hygiene-Konzeptes, welches wir erarbeiten mussten. Wir haben viel Energie daran gesetzt, diese so wichtigen Auszeiten zu organisieren. Gerade kam eine Mitarbeiterin von einer integrativen Ferienfreizeit zurück. Hier haben beeinträchtigte und nicht beeinträchtigte Kinder eine Woche lang zusammen eine Zirkusvorstellung einstudiert. Zu sehen, wie Kinder über sich hinauswachsen und zu erleben, wie selbstverständlich Integration sein kann, macht Hoffnung.

Zurück

Weitere Beiträge

Eine Trauerreise für Mütter, deren Kinder verstorben sind.

Interview: Familienleben mit Dravet-Syndrom

Vote jetzt und sichere dir die Chance auf einen von zwanzig 100 € Einkaufsgutscheinen!